Kambodscha hat gewählt – Knapper Sieg und schwere Niederlage für Hun Sen zugleich

Am Sonntagnachmittag sind die Parlamentswahlen in Kambodscha zu Ende gegangen. Wie Informationsminister Khieu Kanharith bekanntgab, siegte die regierende Kambodschanische Volkspartei (KVP) und errang 68 der 123 zu vergebenden Parlamentssitze (minus 22 im Vergleich zu 2008). Die oppositionelle Cambodia National Rescue Party (CNRP) holte die restlichen 55 Mandate (plus 26) und erreicht damit ein kaum für möglich gehaltenes Resultat. Erstmals seit dem demokratischen Neubeginn 1993 werden damit nur zwei Parteien in der Nationalversammlung vertreten sein. Dies dürfte nun auch endgültig das Aus für die royalistische Funcinpec bedeuten.

Weitere Informationen liegen zurzeit nicht vor. Während die Wahlen allem Anschein sonst generell friedlich verlaufen sind, soll es Ausschreitungen zumindest in und um ein Wahllokal in Phnom Penh gegeben haben. In den letzten Tagen hatten sich Anzeichen über die systematische Manipulationen der Wahlen verdichtet. Irreguläre Wählerlisten, erhebliche Mehrfachregistrierungen insbesondere in der Hauptstadt Phnom Penh und leicht abwaschbare Tinte zur Markierung von bereits gewählten Personen stellen die Legitimität der Parlamentswahl erheblich in Frage. Und dieser Eindruck schien sich am Sonntag bestätigt zu haben.

Oppositionspolitiker Sam Rainsy, der bis zuletzt erfolglos um seine Teilnahme an den Wahlen gekämpft hatte, kündigte unterdessen an, dass die Parlamentswahlen erst der Beginn des Kampfes für Demokratie sei. Abhängig vom Ausmaß des vermuteten Wahlbetruges könnte Phnom Penh in den nächsten Wochen Schauplatz von friedlichen Massendemonstrationen werden, zu denen die Opposition aufrufen wolle.

Sofern das offizielle Endergebnis, das spätestens am 8. September bekanntgegeben wird, die inoffizielle Hochrechnung des Informationsministers bestätigen sollte, käme es einem politischen Erdbeben gleich. Schon lange war vermutet worden, dass der Rückhalt der seit dem Ende der Roten Khmer regierenden KVP nie so hoch gewesen ist, wie die Wahlergebnisse vermuten ließen. Mit anderen Worten: In freien und fairen Wahlen hätte die Opposition heute wohl den Machtwechsel geschafft. Für den seit Ende 1984 regierenden Hun Sen wäre dies die schwerste Niederlage seit 1993, als er in der von der UNTAC durchgeführten Parlamentswahl der Funcinpec unterlag und erst nach Androhung von Gewalt und Sezession an der Regierungsbildung beteiligt wurde. Zufall oder nicht: Hun Sens Villa, direkt am Unabhängigkeitsdenkmal in Phnom Penh gelegen, war heute unüblich weit abgesperrt: reine Vorsichtsmaßnahme oder begründeter
Anlass?

Selbst wenn sich Hun Sen an der Regierung wird halten können, wird das Ergebnis nicht ohne gravierende innenpolitische Folgen bleiben. Nur in welche Richtung sich Kambodscha bewegen wird – ob das Regime liberaler oder repressiver wird –, ist noch längst nicht ausgemacht. Doch auf diese Frage dürften bald die ersten Antworten geliefert werden, wenn Kambodschas Jugend auf die Straßen geht und den gestohlenen Wahlsieg zurückfordert.

Weitere aktuelle Informationen über die Wahlen bietet die Nichtregierungsorganisation COMFREL.

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