30. August 2010
Wer mal wieder die „ketzerische“ Frage stellen möchte, wo denn all das Geld hinfließt, dass westliche Geber Kambodscha im Rahmen von Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung stellt, dem bietet die Sam Rainsy Partei (SRP) eine Antwort, die wohl kaum Anlass zur Hoffnung gibt, dass diese Mittel rundum sinnvoll eingesetzt werden: Wie die Oppositionspartei in einer Anfrage an den Parlamentspräsidenten Heng Samrin (KVP) offenbarte, verfüge dessen Stellvertreter und Parteifreund Nguon Nhel über 71 Berater, die jährliche Kosten über 320.000 USD verursachten. Der Vorsitzende des Finanzausschuss Cheam Yeap (ebenfalls KVP), verteidigte seinen Kollegen in einem Bericht der Phnom Penh Post: Der große Mitarbeiterstab diene dem nationalen Interesse und helfe Nguon Nhel, seinen Führungsaufgaben nachzukommen.
Kambodschas Nationalversammlung wird oft als willfähriges Ausführungsorgan exekutiver Vorlagen kritisiert. Die Abgeordneten sind nicht dem Volk, sondern ihren Parteiführern gegenüber verantwortlich und können praktisch jederzeit ihr Mandat verlieren. Die Wahl des Premierministers erfolgt per Handzeichen, um so abweichende Voten zu verhindern. Es existiert keine demokratische Debattenkultur, worunter vor allem die Oppositionsparteien leiden.
Es ist üblich und allseits bekannt, dass in Kambodscha öffentliche Ämter dafür missbraucht werden, um eine Vielzahl von Stellen zu schaffen, die mit Getreuen besetzt werden. So alimentiert der gewöhnliche Politiker seine Gefolgschaft und baut seine Machtposition in Amt und Partei aus. Das hehre Ziel, das Parlament zu fördern und allgemein die formalen Institutionen zu stärken – vielleicht eines Tages sogar als Machtbalance zur Regierung –, bleibt dabei auf der Strecke. Kambodscha sei eben der Lenker seines Entwicklungsprozesses, und äußere Einmischung widerspreche dem Leitbild der partnerschaftlichen Zusammenarbeit, so heißt es immer wieder von den großen internationalen Entwicklungsagenturen. Angesichts der Persistenz von Armut in Kambodscha und der sehr grundsätzlichen Probleme autokratischer Herrschaft und endemischer Korruption stellt sich allerdings die Frage, ob mit dieser Taktik irgendjemandem in Kambodscha geholfen ist – außer vielleicht den 71 Beratern von Nguon Nhel, deren zehntausende Kollegen in vergleichbaren Positionen und den Hundertschaften von gut bezahlten Entwicklungshelfern, die darauf achten, dass wenn das durch westliche Steuerzahler erwirtschaftete Geld schon verschwendet wird, sie selbst dabei wenigstens gut und vor allem noch lange zu tun haben.