25. Januar 2011
Jährlich führt das amerikanische International Republican Institute (IRI) repräsentative Umfragen in vielen Ländern der Welt durch, in Kambodscha nach 2008 und 2009 nun auch schon zum dritten Mal. Es ist sicher keine Frage, dass aufgrund der erwünschten internationalen Vergleichbarkeit Abstriche bei der Berücksichtigung spezifischer kultureller Bedingungen und Kontexte der jeweiligen Länder gemacht werden müssen. Das ist aber kein allzu großes Problem – wohingegen völlig offen ist, wie die Ergebnisse zu interpretieren sind und unter welchen konkreten Umständen (z. B. Erwartungen und Prägungen des Interviewten und die Beziehung zum Interviewer) die Fragen gestellt wurden. Dass das IRI diese Fragen völlig offen lässt und sich auf die Präsentation nackter Zahlen beschränkt ist daher keine unwesentliche Nachlässigkeit, sondern mindert die Qualität der gesamten Umfrage erheblich.
Das muss man also berücksichtigen, wenn man sich die Ergebnisse anschaut, vor allem die berüchtigte Frage, ob sich Kambodscha denn in die richtige Richtung bewege. Von den 2000 im Juli und August vergangenen Jahres befragten Kambodschanern sind immerhin 76% dieser Meinung, was laut dpa im internationalen Vergleich ein ziemlich hoher Wert sein soll. Allerdings ist er im Vergleich zu den Vorjahren weiter leicht gefallen – 79% waren es 2009, 82% ein Jahr zuvor. Wie Voice of America den IRI-Landesrepräsentanten zitiert, begründe sich die hohe Zustimmungsrate auf der verbesserten Infrastruktur, also einer höheren Anzahl von befahrbaren Straßen, Schulen und Gesundheitszentren.
Während sich Kambodschas Dissidenten verwundert die Augen reiben, wie dieser Wert aufgrund der zahlreichen Missstände zustande kommen konnte, muss doch zumindest konstatiert werden, dass der Rückhalt des Regimes in der Bevölkerung weiterhin sehr hoch ist. Und es ist sicherlich auch viel zu früh, die leicht sinkenden Werte als Vertrauenserosion zu werten. Die Regierung dürfte also auch weiterhin fest im Sattel sitzen – sollte von Tunesien ein demokratischer Flächenbrand ausgehen, wird er wohl spätestens an Kambodschas Grenze halt machen.
Wie unbefriedigend die ganze Erhebung aber ist, zeigt sich auch durch einen Bericht der Phnom Penh Post: Auf die Frage, welche Angelegenheit wohl die größten Auswirkungen auf das Land habe, antworteten: 9% Korruption, 8% Gewalt, Inflation 6%, Einwanderung, politische Instabilität sowie Umweltprobleme jeweils 5%, aber die Grenzdemarkation 36%. Dieses Problem bezieht sich sowohl auf die Grenze zu Thailand als auch zu Vietnam. Während die kambodschanische Regierung im Westen ziemlich wehrhaft agiert, nimmt sie im Osten – zumindest aus der Sicht der Opposition – die vietnamesischen Grenzkorrekturen dagegen ziemlich gelassen hin. Es wäre in jedem Fall sehr interessant zu erfahren gewesen, ob die Kambodschaner beide Fälle nicht unterschiedlich wahrnehmen – vielleicht genauso unterschiedlich, wie es die eigene Regierung tut. Und das hätte auch Aufschluss gegeben, wie zufrieden die Menschen mit der Politik der Regierung, zumindest in dieser Angelegenheit, sind.