Warum Thailand keine Argumente hat und Kambodscha trotzdem kaum Unterstützung findet

5. Februar 2011

Ein Kommentar von Markus Karbaum

Die thailändische Zeitung The Nation hat eine interessante Graphik angefertigt, die Aufschluss über die geographischen Hintergründe des Konflikts gibt. Sofern sie wirklichkeitsgetreu ist, wäre sie ein Beleg dafür, dass Thailand auch formal den Tempel Preah Vihear für sich beansprucht und nicht nur das nordwestliche Territorium in der unmittelbaren Umgebung. Demnach soll die Wasserscheide die Grenze konstituieren, obwohl der Internationale Gerichtshof bereits 1962 entschied, dass auf Basis einer von Thailand nie widersprochenen Karte von 1904 der Tempel eindeutig auf kambodschanischem Territorium steht.

Dieses Urteil dürfte neben dem eigenen Patriotismus wohl die zweite Quelle des großen Selbstvertrauens sein, mit der Kambodscha in dem Konflikt die nationale Integrität verteidigt. Der Regierung in Phnom Penh ist sich sicherlich bewusst, dass die Kollegen in Bangkok argumentativ und auch politisch am weitaus kürzeren Hebel sitzen. Deren großes Problem besteht offensichtlich darin, dass einige zum Chauvinismus neigende Extremisten (die pikanterweise auch mit dafür gesorgt haben, dass die jetzige Regierung um Ministerpräsidenten Abhisit Vejjajiva im Amt ist) partout nicht mehr akzeptieren wollen, was seit Jahrzehnten common sense ist. Ganz so, als solle Deutschland Ostpreußen oder Elsass-Lothringen wieder eingemeinden.

Thailand wird letztendlich nur durch massiven militärischen Druck seine Ziele erreichen können. Dies könnten wie jetzt auch jahrelange Scharmützel bedeuten, um die Gegenseite zu zermürben – einen offenen Feldzug kann sich Thailand angesichts der kambodschanischen Verbündeten China und Vietnam dagegen auf keinen Fall leisten. Kambodscha hat dagegen den politischen Nachteil, dass praktisch niemand – auch Vietnam nicht – derzeit motiviert sein dürfte, Hun Sen zur Seite zu stehen – dafür hat das Regime durch seine Innenpolitik vor allem im Westen jegliche Sympathien verspielt. Soll der Autokrat doch selbst zusehen, wie er mit der Lage zu Recht kommt – so dürften nicht wenige denken. Der Regierungschef wird für sein Land also nicht zum ersten Mal zur außenpolitischen Bürde. Wäre Kambodscha so demokratisch organisiert wie es die Verfassung vorschreibt, wäre dem Land die internationale Unterstützung in diesem Fall sicher gewiss.

So wird verständlich, dass etwa die Vereinigten Staaten lediglich beide Seiten zur Zurückhaltung auffordern, anstatt an der grundsätzlichen Beilegung des Konflikts mitzuwirken und dazu Thailand erst einmal zur Ordnung zu rufen. Das wäre – objektiv gesehen – mehr als überfällig, wird aber trotz aller Notwendigkeit nicht geschehen, und Kambodscha wird daher weiter nach außenpolitischer Unterstützung suchen müssen. Die Benachrichtigung des UN-Sicherheitsrats entspricht genau dieser Motivation, allerdings dürften die diplomatischen Kompetenzen Kambodscha zu limitiert sein, um eine wirkungsvolle Kampagne zu starten. Die Chancen, internationalen Beistand zu finden, fallen also recht mager aus – solange Hun Sen jedenfalls nicht auf die Idee kommt, sich innenpolitisch zu wandeln.

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