11. April 2011
Premierminister Hun Sen hat eine umstrittene, erst im Februar dieses Jahres erteilte Konzession zum Titanabbau in der Provinz Koh Kong wieder zurückgezogen. Wie AFP berichtet, wurde die Entscheidung, die Schürfrechte für eine Gesamtfläche von 20.400 Hektar – also mehr als das Doppelte des nach dem Landgesetz Erlaubten – im Südwesten Kambodschas zurückzuziehen, in einer Sitzung des kambodschanischen Kabinetts gefällt. In einer Stellungnahme hieß es, dass Bedenken über negative Auswirkungen sowohl auf Umwelt und Biodiversität in den Kardamom-Bergen als auch auf die Lebensbedingungen der Anwohner den Ausschlag für die Rücknahme gegeben hätten.
Umweltschützer, vor allem der engagierten Gruppe Wildlife Alliance, nahmen die Entscheidung mit großer Freude auf. Die Kardamomberge sind mit einem der letzten intakten Regenwaldgebiete Südostasiens überzogen und bieten vielen geschützten Arten wie Elefanten, Tigern, Gibbonaffen, Bären und Krokodilen ein Refugium. Die Mine wäre mitten in einen Wanderweg asiatischer Elefanten platziert worden, und auch ein Dorf, in dem Öko-Tourismus betrieben wird, hätte die Mine kaum überlebt.
Die Entscheidung von höchster Stelle kam äußerst überraschend. Gewöhnlich werden landwirtschaftliche und industrielle Konzessionen ohne irgendwelche Umweltfolgeabschätzungen und entgegen gesetzlicher Bestimmungen vergeben. Der Raubbau an der Natur spiegelt sich vor allem in der enormen Entwaldung Kambodschas wider, das allein zwischen 1990 und 2005 mehr als die Hälfte seines Primärwaldes auf eine Fläche von gut 300.000 Hektar reduzierte. Im weltweiten Vergleich wiesen zwischen 2000 und 2005 nach Angaben des Online-Portals mangobay.com, das sich auf einen Bericht der FAO beruft, nur Nigeria und Vietnam eine höhere Abholzungsrate von Primärwäldern auf als Kambodscha.
Und auch dieses Mal dürfte die Motivation eine andere sein als ausschließlich der hehre Schutz der Umwelt: Wie die Phnom Penh Post bereits im Februar berichtete, saß die Königliche Regierung offensichtlich einem unseriösen Antragsteller auf, der mehr als 500 Angestellten, einen jährlichen Millionenumsatz und ausländische Investoren vorgaukelte. Außerdem wurde auf professionelle Erkundungen verzichtet; die Behauptung, es lägen 35 Millionen Tonnen Titanschlacke in den Kardamombergen, war demnach frei erfunden. Auch die Maximalerlöse von bis zu 135 Milliarden USD, die selbst das jährliche Bruttoinlandsprodukt zehnfach überstiegen hätten, sind völlig aus der Luft gegriffen: Mit 2500 USD je Tonne Titanschlacke würden die Erlöse den gegenwärtigen Weltmarktpreis knapp vierfach übersteigen, wie die Post bereits im August 2010 schlüssig darlegte. Der Gegenwert der Mine liegt fundierten Schätzungen zufolge bei nur gut 20 Milliarden USD.
Für kambodschanische Verhältnisse ist dieser Wert immer noch außerordentlich hoch. Es ist daher davon auszugehen, dass die Entscheidung der letzten Woche wohl keine endgültige ist. Man hat aber erkannt, dass dieses Projekt eines seriösen Partners bedarf. Wenn der gefunden ist, dürfte es für den Naturraum der Kardamomberge wieder eng werden.