S&P stuft Kambodscha ab

Der Ruf amerikanischer Ratingagenturen war, zugegeben, schon mal besser, da ihren sich selbst erfüllenden Kassandra-Rufen mitunter Eigennutz unterstellt wird. Doch während man im alten Griechenland den Überbringer schlechter Nachrichten in Ermangelung von Alternativen gelegentlich meuchelte, hat der moderne Mensch gelernt, dass durch dieses Vorgehen nicht wirklich das Problem an seiner Wurzel gepackt wird. Daher lohnt es sich durchaus noch genau hinzuhören, wenn Standard & Poor’s Bewertungen und die dazu gehörenden Begründungen veröffentlichen, so nun auch zu Kambodscha, das in dieser Woche von B+ auf B herabgestuft wurde. Wie die Phnom Penh Post berichtet, seien dafür vor allem das geringe Pro-Kopf-Einkommen und „instabile politische Umweltbedingungen“ ausschlaggebend. Zu letzterem sei man gekommen, so ein Unternehmenssprecher, da Kambodscha ineffektive Institutionen und eine dem entsprechende Regierungsperformanz aufweise. Vor allem nicht vorhandene Nachfolgermechanismen und ein Mangel der Fähigkeit, politische Entscheidungsgewalt zu übertragen, führe zu einem „corollary key man risk“.

Was soviel bedeutet, dass Hun Sen und sein Regierungsstil hier am Pranger stehen. Von vielen Seiten als Garant wirtschaftlicher Prosperität gepriesen, fällt nun aber nicht zum ersten Mal ein Schatten auf die wirtschafts- und finanzpolitischen Konsequenzen von Hun Sens alles und jeden überragende Stellung und seiner Machtpolitik. Die Herabstufung dürfte zunächst aber (noch) keine schwerwiegenden Folgen für Kambodscha haben, sowohl das alte wie auch das neue Rating bedeuten: „Spekulative Anlage – bei Verschlechterung der Lage sind Ausfälle wahrscheinlich“.

Kambodscha wird es damit aber nicht noch schwerer gemacht, am internationalen Kapitalmarkt Geld aufzunehmen, denn das ist mit dieser Bonität sowieso nicht möglich. Wie Reuters berichtet, steht das Land derzeit im Ausland mit acht Milliarden US-Dollar in der Kreide. Dreiviertel der Summe, also sechs Milliarden US-Dollar, schuldet man der Volksrepublik China, auf weitere 1,5 Mrd. USD wartet Russland und an die USA sind noch 317 Mio. USD zu entrichten. Hierbei handelt es sich insgesamt aber eher um „politische“ Darlehen, mit denen die Geber ihren Einfluss zu steigern hoffen und nicht der Dividende wegen gewährt wurden. Dass Kambodscha aber nach wie vor mit den relativ alten Darlehen der beiden Supermächte des Kalten Krieges im Rückstand sei, weise auf eine „schwach entwickelte Kultur in der Bedienung von Krediten“ hin, was ebenfalls in die Herabstufung mit einfloss.

Im nächsten Jahr könnte die Auslandsschuld um 1,1 Mrd. USD steigen, denn im Haushalt 2012 müssen nach derzeitiger Planung Ausgaben in Höhe von 2,69 Mrd. USD gegenfinanziert werden. Um Zugang zum Kapitalmarkt zu bekommen, sind bessere Ratings allerdings unabdingbar. Und so unterlässt es S&P auch nicht, dazu einige Hinweise zu geben: Verbesserungen auf der Ertragsseite, Reduzierung der Abhängigkeit von Geberstaaten (der Entwicklungszusammenarbeit) sowie Investitionen in Bildung und Infrastruktur seien dafür wichtige Schritte.

Das hört sich doch recht konstruktiv an. Darüber zu schweigen hätte die Lage jedenfalls nicht besser gemacht.

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