Mindestlohn soll auf insgesamt 80 Dollar monatlich steigen – Gewerkschaften drohen mit massiven Streiks

Kurz vor den Parlamentswahlen Ende Juli könnte es noch einmal ungemütlich für die kambodschanische Regierung werden: Zwar soll ab Mai der Mindestlohn für Vollzeitbeschäftigte in der Bekleidungsindustrie von 61 US-Dollar auf 75 US-Dollar plus Zulagen steigen, dennoch drohen dem Land massive Arbeitsniederlegungen, da die meisten Gewerkschaften an ihrer Forderung von 100 US-Dollar festhalten. Denn die steigenden Lebenshaltungskosten – die Teuerungsrate lag zwischen 2010 und 2012 bei insgesamt 19,2% oder 6,4% im Jahresschnitt – führen dazu, dass die Näherinnen (90% der 400.000 Beschäftigten sind weiblich) trotz einfachster Lebensbedingen kaum noch Geld übrig machen, mit dem sie ihre Familien in den Heimatdörfern unterstützen könnten. Das sind eine Menge Wählerstimmen – zumal die Opposition in der Vergangenheit viel Unterstützung aus dem Lager der Arbeiterschaft erhalten hat.

Da tut sich durchaus ein Dilemma für den sonst so unangefochten regierenden Hun Sen auf, denn die Bekleidungsindustrie ist Kambodschas wichtigster Wirtschaftszweig: 2011 lag der Wert der Exporte bei 4,2 Mrd. US-Dollar – ein Anteil von 85% aller Ausfuhren. Deswegen genießt die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Kambodschas höchste Priorität – und die Vorteile des Standorts basieren aufgrund hoher Transport- und sehr hoher Energiekosten fast ausschließlich auf den geringen Lohnkosten. Angesichts der kommenden Wahlen ist es daher wohl kein Zufall, dass die Regierung laut Phnom Penh Post offiziell verkündete, Hun Sen persönlich habe sich dafür eingesetzt, den Mindestlohn nicht auf 73, sondern 75 US-Dollar monatlich zu erhöhen. Zusätzlich soll weiterhin eine pauschale Beihilfe für Arztkosten über 5 US-Dollar im Monat gezahlt werden. Aber damit liegt er noch immer nah dran am Angebot der Arbeitgeber, die den Mindestlohn ursprünglich auf nur 70 US-Dollar anheben wollten.

Doch zwei Dollar sind wahrlich nicht viel, und die letzte Messe ist damit wohl noch nicht gelesen: Der autoritäre Regierungsstil lässt sich wohl nirgendwo sonst so schwer durchsetzen wie gegenüber den Arbeitern der Textil- und Schuhindustrie: Das Konfliktpotential ist immens hoch, und kaum Woche vergeht, in der es nicht in einer der rund 300 Fabriken zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kommt. Unrühmlicher Höhepunkt war im letzten Jahr ein Konflikt in einer Fabrik, die für den Sportartikelhersteller Puma Schuhe anfertigt: Der Stadtkommandeur von Bavet schoss im Februar 2012 zwar drei Arbeiterinnen an, ist aber im Staatsdienst verblieben und genießt weiterhin ein Leben in Freiheit.

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