
In den Katakomben des Bundestages: Stefan Rebmann (MdB), Sam Rainsy, Saumura Tioulong und Try Sam (Sprecher der PRKN in Deutschland). Foto: Karbaum
Bei seiner aktuellen Auslandsreise statteten Kambodschas Oppositionsführer Sam Rainsy und seine Ehefrau Saumura Tioulong am vergangenen Freitag auch Berlin einen Besuch ab. Unter anderem standen Treffen mit Bundestagsabgeordneten und dem Auswärtigen Amt auf der Tagesordnung. Angesichts des gestiegenen Einflusses seiner Partei zur Rettung der Kambodschanischen Nation (PRKN) und der jüngsten Gewaltorgie gegen Anhänger der Opposition und streikende Fabrikarbeiter war das Interesse der deutschen Gesprächspartner deutlich größer als in der Vergangenheit. Einiges deutet daraufhin, dass sich die Sichtweise vieler Entscheidungsträger in Berlin auf die politische Lage in Kambodscha deutlich verschoben hat und dass es ein „Weiter so“ in der bisherigen Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit wohl nicht geben wird. Mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der das Vorgehen der kambodschanischen Sicherheitskräfte Anfang Januar öffentlich kritisiert hatte, und Entwicklungshilfeminister Gerd Müller, der die sozialen Folgen der Globalisierung ins Zentrum seines Ressorts stellen wird, stehen jetzt zwei Politiker in der Verantwortung, denen ein deutlicher Kurswechsel zuzutrauen ist. Erst am Freitag äußerte sich Müller gegenüber die Berliner Zeitung mit deutlichen Worten in Richtung Kambodscha:
„Der globale Freihandel ist nicht mein Leitbild. Mir ist wichtig, ökologische und soziale Standards in der Produktion und im Handel durchzusetzen. Zustände, wie wir sie in der Textilindustrie in Bangladesch oder Kambodscha kennen, sind völlig inakzeptabel. Wir können nicht weiter so tun, als wüssten wir nicht, unter welch katastrophalen Bedingungen für die Beschäftigten und die Umwelt in Asien oder anderen Regionen zum Beispiel Lederwaren hergestellt werden.“
Mit dem Bundestagsabgeordneten Stefan Rebmann fand der traditionell gewerkschaftsnahe Rainsy einen wichtigen Unterstützer zur Stärkung der Arbeiterrechte in seiner Heimat. Dabei dürfte auch die Friedrich-Ebert-Stiftung eine Rolle spielen, auch wenn die zurzeit nicht mit einem eigenen Büro in Phnom Penh vertreten ist. Insgesamt fiel auf, dass sich Sam Rainsy mit Vertretern aller politischen Strömungen außer den Linken traf – und dabei auf allgemeine Sympathien stieß. Doch besonders stark ist sein Rückhalt unter den Deutsch-Kambodschanern in der Hauptstadt: Ab etwa 13 Uhr sprach sich nach einem Facebook-Posting herum, wer da gerade auf Stippvisite in Berlin weilt. Um 16.30 Uhr trafen dann die ersten gebürtigen Khmer auf Rainsy, um für den Abend einen Auftritt vor der Berliner Kambodscha-Community zu vereinbaren. An der nahmen nur wenige Stunden später mehr als 30 interessierte Zuhörer statt. Die meisten von ihnen werden sich dann am Freitag vor dem Kanzleramt wiedertreffen, wo sie gegen Hun Sen und für Neuwahlen in ihrer Heimat demonstrieren werden.
Für Sam Rainsy war’s ein Heimspiel: Dem Beispiel anderer Städte der Welt folgend wird sich in Berlin ein lokaler Verband der PRKN gründen. Da dürfte es für ihn und seine Frau zu verschmerzen gewesen sein, dass er seinen Rückflug nach Paris nicht mehr am Freitag, sondern erst am Samstag antreten konnte.