
So sieht politische Freiheit in Kambodscha aus: Der „Freedom Park“, unzugänglich hinter S-Draht. Und die Frau, die dieses Bild im Juni geschossen hat, sitzt derzeit im Gefängnis. (Foto: Mu Sochua)
Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der oppositionellen Partei zur Rettung der kambodschanischen Nation (PRKN) und als Sicherheitskräfte getarnte Schlägertrupps sind bisher acht Oppositionspolitiker, darunter Mu Sochua und sechs weitere gewählte Parlamentsabgeordnete, verhaftet worden. Unter dem Motto „Free the Freedom Park“ waren am Dienstagmorgen wie in den Wochen zuvor Oppositionsanhänger zu eben jenem Platz in der Hauptstadt gekommen, der für politische Demonstrationen errichtet wurde, aber seit Januar nicht mehr zugänglich ist. Dabei kam es zu Auseinandersetzungen mit den berüchtigten Schlägern der Stadtverwaltung, die überraschenderweise dieses Mal den Kürzeren zogen. Obwohl die genauen Umstände, wie es dazu kam, bisher nicht vollständig geklärt sind, war das Resultat eindeutig: 40 verletzte Schläger, drei davon schwer. Die Demonstranten hatten es geschafft, ihre Kontrahenten zu isolieren und ihnen heftig zuzusetzen – einige wurden sogar noch attackiert, als sie blutüberströmt am Boden lagen.
Die seitdem angelaufene Verhaftungswelle hat bisher acht PRKN-Politiker in das berüchtigte Gefängnis Prey Sar gespült. Ihnen wird Aufwieglung zum Aufstand vorgeworfen, was bei einem Schuldspruch mit einer Gefängnisstrafe von bis zu 30 Jahren bestraft werden kann. Einige der verhafteten Oppositionspolitiker besitzen doppelte Staatsbürgerschaften, was dem ganzen schon jetzt auch eine außenpolitische Note verleiht. Gerade Mu Sochua ist nicht nur amerikanische Staatsbürgerin, sondern gilt darüber hinaus in den USA als gut vernetzt mit verschiedenen einflussreichen Persönlichkeiten. Wohl deswegen hatte es Premierminister Hun Sen bisher nicht gewagt, gegen sie vorzugehen.
Die beiden führenden Köpfe der Opposition, Parteipräsident Sam Rainsy und sein Stellvertreter Kem Sokha, gehören nicht zu den verhafteten Personen. Sam Rainsy war am Samstag von einer längeren Auslandsreise unbehelligt in seine Heimat zurückgekehrt. Ein Parteisprecher hatte zuvor bereits um Entschuldigung für die Ereignisse am Dienstag gebeten, wobei Vertreter bekannter Nichtregierungsorganisationen sich mit Vorwürfen gegenüber der PRKN auffällig zurückhielten. Tenor: Nach Wochen der Eskalationstaktik der Staatsmacht waren die Ereignisse vom Dienstag eine nachvollziehbare und eigentlich schon überfällige Reaktion.
Hat die Gewaltorgie, die seit Anfang des Jahres selbst gegenüber Journalisten, Mönchen und Frauen kein Erbarmen zeigte, also ihr Ziel erreicht – ein Vorwand, um gegen die Opposition, die immer noch nicht ihre Sitze im Parlament eingenommen hat, vorzugehen? Wenn das das Ziel gewesen sein soll, dann kann man Hun Sen wohl zu kaum mehr als einem Pyrrhussieg „gratulieren“. Denn wenn er glaubt, mit solchen offensichtlichen Aktionen die Opposition zu schwächen, dürfte er sich getäuscht haben. Denn der PRKN, der im innenpolitischen Tauziehen der letzten Monaten ein wenig die Energie verloren gegangen war, dürfte es nun wieder sehr viel leichter fallen, die eigenen Anhänger hinter sich zu versammeln.
Wenn alles gut läuft, wird man über diesen Vorfall in einigen Jahren sagen können: Das waren die letzten Zuckungen eines Regimes, das nicht die Zeichen der Zeit erkannt hat. Wenn nicht, dann waren die Ereignisse vom Dienstag ein erster Hinweis darauf, dass auch Oppositionsanhänger gewillt sind, gewaltsam für ihre Ziele zu kämpfen. Mit offenem Ende, wenn die Regierung weiter an der Eskalationsschraube dreht.
Genau so ist es.
Danke Dr. Karbaum
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