Wuchtig, kultig, bröckelnd

Vor einem Jahr wurde im Norden Phnom Penhs das Win-Win-Monument mit angeschlossenem Museum feierlich eröffnet. In erster Linie ist es Ausdruck eines unterwürfigen Personenkults und besticht durch schlechte Bausubstanz.

Das Win-Win-Monument wurde im Januar 2019 eröffnet. Im Norden der Hauptstadt gelegen, ist es mit 33 Metern Höhe schon von weitem sichtbar. Foto: Karbaum

Als 1998 die letzten Roten Khmer kapitulierten, ging in Kambodscha eine jahrzehntelange Epoche der Gewalt offiziell zu Ende. Dass damit nicht Freiheit und Selbstbestimmung seiner Einwohner Einzug hielten, ist das Erbe des autokratischen Nachfolgeregimes, das nach wie vor in den Top-Ämtern von ehemaligen Offizieren der Roten Khmer repräsentiert wird, in erster Linie von Premierminister Hun Sen. Das Anfang 2019 eröffnete pompöse Denkmal soll die propagierte Win-Win-Politik ehren, die angesichts der ausufernden Korruption zugunsten einer kleinen Herrschaftsclique und das unnachgiebige Vorgehen gegen politische Gegner eher wie ein zynischer Euphemismus erscheint.

Das Regime baut sich selbst ein Denkmal

Die dahinter stehende Propaganda bedarf an dieser Stelle keines weiteren Kommentars oder einer Gegenrede. Denn bereits eine Besichtigung ohne entsprechende Hintergrundinformationen ist schon ziemlich aufschlussreich. Gelegen am Win-Win Boulevard in der Gemeinde Prek Ta Sek – gegenüber werden gerade die Sportstätten für die Südostasien-Spiele 2023 errichtet –, wirkt es auf der grünen Wiese noch etwas deplatziert, was sich aber in den nächsten Jahren angesichts einer stetig wachsenden Hauptstadt ändern dürfte. Von den angeblichen Besuchermassen, die jeden Tag dort vorbeikommen sollen, ist an diesem Tag im Dezember 2019 allerdings keine Spur. Einzig ein paar enthusiastische Mönche aus Prey Veng sind ebenfalls zur Besichtigung angereist.

Sie machen sich aber wohl keine Gedanken darüber, warum sich eine Regierung selbst ein Denkmal setzt. Im Westen geschieht das ja eher indirekt, etwa in Paris mit dem Centre Pompidou im positiven und in Berlin mit der Klaus-Wowereit-Baustelle eines Flughafens im negativen Sinne. Vielleicht gehen selbst die strengsten Apologeten des Hun Sen-Regimes davon aus, dass die Nachwelt nicht zwingend die positive Wahrnehmung von Kambodschas Alleinherrscher übernehmen wird. Getreu dem Motto: Wenn uns keiner ein Denkmal setzt, bauen wir uns selbst eins!

Denkmal oder Mausoleum?

Architektonisch wirkt es aus der Zeit gefallen, aber typisch für Monumente von Alleinherrschern, die durch ihre Bauwerke die Massen mit schierer Wucht beeindrucken wollen und Größe mit Höhe verwechseln – in der Mitte ragt eine dreieckige, 33 Meter hohe Stele empor, die das Bauwerk schon von weitem sichtbar macht. Rundherum sind Terrassen pyramidal angelegt, über die Besucher in das Monument gelangen können, wenn die Eingänge nicht verschlossen sind. Dadurch drängt sich recht schnell der Eindruck auf, man stehe vor einem Mausoleum.

Ob das die Architekten beabsichtigt hatten? Jedenfalls haben sie vieles dafür getan. Besonders grotesk wirken die in der Tradition von Angkor Wat stehenden Basreliefs über das Leben und Wirken Hun Sens, das politisch korrekt erst mit der Flucht von den Roten Khmer im Jahr 1977 zu beginnen scheint und in seiner Regierungszeit begangenen Verbrechen konsequent ausklammert. Das entspricht schon sehr der Vorstellung einer pompösen Grabanlage, obwohl der Betroffene noch lebt.

Möglicherweise Pfusch am Bau

Dabei fallen zwei Aspekte auf: Einerseits gibt es keinen freien Platz mehr, um die Hun Sen-Story im Bild weiterzuerzählen – deutet das etwa auf einen baldigen Rücktritt hin?!? Andererseits sind die kitschigen Darstellungen in minderer Qualität angebracht worden. Ein erfahrener Bauchemiker, der mich begleitet hat, ist jedenfalls davon überzeugt, dass die Basreliefs, angebracht auf einer Länge von ca. 80 Metern, nicht lange halten werden. Und tatsächlich sind sie auf zwei Metern auch schon vollständig abgebröckelt, in weniger als einem Jahr nach Eröffnung. Pfusch am Bau? Vielleicht sogar ein Akt des subtilen Widerstands gegen den Personenkult? Oder einfach nur Ausdruck der gewöhnlichen Schludrigkeit und mangelnder Konstruktionskenntnisse?

Wie auch immer, das Regime hat sich mit dem Win-Win-Monument dann doch ein lebensnahes Denkmal gesetzt, das sehr auf die oberflächliche, kurzfristig wirksame Erscheinung setzt, ohne die geringe Substanz dahinter kaschieren zu können oder zu wollen. Nachhaltig wird also nicht die Architektur, sondern vor allem der Eindruck sein, den Hun Sen dereinst hinterlassen wird – ob hier begraben oder doch irgendwo anders.

Mit seiner Bauart und den Basreliefs, die das politische Leben und Wirken von Premierminister Hun Sen darstellen, wirkt das Monument wie ein Mausoleum. Foto: Karbaum.

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