21. September 2010 | Von Alfred Wilhelm Meier
Der UN-Menschenrechtsbeauftragte für Kambodscha, Professor Surya Subedi, fordert in seinem soeben fertig erstellten Bericht über die Menschenrechte in Kambodscha eine Generalüberholung des Gerichtswesens: es sei korrupt, inkompetent und nicht unabhängig. Er schlägt vor, dass alle Richter, Staatsanwälte und vor allem die Mitglieder des Supreme Council of Magistracy (einer Art Oberaufsicht des Gerichtswesens) nicht aktiv einer Partei angehören dürfen.
Das Supreme Council of Magistracy ist gemäss Artikel 113/116 der Verfassung das Verfassungsorgan, das unter dem Vorsitz des Königs die Unabhängigkeit der kambodschanischen Gerichte sicher stellen soll. Obwohl das Council seit 1998 besteht, ist bis heute kein entsprechendes Gesetz erlassen worden, das die Rechte und Pflichten sowie die Zusammensetzung dieses obersten Aufsichtsorgans regelt. Eine Regelung, die auf ein “Kram” aus dem Jahr 1994 zurückgeht, sieht folgende neun Vertreter vor: der König oder sein Vertreter, Vertreter des Justizministeriums, Präsident des Obersten Gerichts, Präsident des Appellationsgerichts, Oberstaatsanwalt des Obersten Gerichts und des Appellationsgerichts und drei gewählte Richter. Doch der König soll seine Aufgabe nie richtig wahrgenommen haben und so ist der Einfluss der Regierung eindeutig.
Erste Reaktionen von kambodschanischen Regierungsstellen auf den neuesten Genfer UN-Bericht überraschen kaum; der UN-Berichterstatter kenne die kambodschanischen Verhältnisse nicht genügend. Er bestätige immerhin, dass Kambodscha Fortschritte mache bei der Gesetzgebung für Menschenrechte.
Der Bericht führt an, dass auf allen Ebenen der Gerichte des Landes Korruption vorherrsche und zitiert dafür mehrere prominente Gerichtsfälle der vergangenen Jahre, wie der Fall der Oppositionspolitikerin Mo Sochua oder des Zeitungsverlegers Hang Chakra. Viele Gerichtsverfahren würden von den Reichen und Mächtigen dazu missbraucht, die Armen zu enteignen, zu belästigen oder einzuschüchtern.