
Die Reisanbaumethode SRI verspricht kambodschanischen Bauern höhere Erträge. Bis 2015 soll nach Planungen von Premierminister Hun Sen jährlich sogar eine Millionen Tonne Reis in den Export gehen. (Foto: Isabel M. Lichtnau)
Ein Gastbeitrag von Claudius Bredehöft
Kambodscha ist nach wie vor sehr ländlich geprägt, die überwiegende Mehrheit der Menschen ist in der Subsistenzwirtschaft aktiv. In den letzten Jahrzehnten hat es das Land geschafft, die Ernährungslage erheblich zu verbessern. Dennoch bergen Kambodschas Böden viel Potential, das allerdings noch nicht effektiv genug genutzt wird. Mit geschätzten 8,4 Mio. Tonnen geernteten Reis 2011 gilt Kambodscha als zwölfgrößter Produzent weltweit, liegt im regionalen Vergleich aber weiterhin deutlich hinter den Nachbarn Vietnam (41,5 Mio. Tonnen) und Thailand (30 Mio. Tonnen).
CEDAC´s (Centre d’Etude et de Développement Agricole Cambodgien) Präsident Dr. Yang Sang Koma bestätigt die Schätzung. CEDAC ist Kambodschas größte Nichtregierungsorganisation in der ländlichen Entwicklung. Sie schult Reisbauern nach der Methode SRI (System of Rice Intensification). Die Methode, die eine nachhaltige Nutzung von natürlichen Ressourcen und einen Verzicht auf externe Inputs wie z.B. Kunstdünger oder Pestizide beinhaltet, wurde Anfang der 80er Jahre vom französischen Jesuiten Henri de Laulaine auf Madagaskar entwickelt und erfreut sich seit rund fünfzehn Jahren auch zunehmender Verbreitung in Asien. Durch den Verzicht auf externe Inputs ist Reis nach SRI dem organischen/biologischen Anbau gleichzusetzen.
In der Provinz Takeo erzielte der nach SRI angebaute Reis 2011 durchschnittlich 4,3 Tonnen pro Hektar. Zum Vergleich: Der Durchschnittsertrag in Kambodscha lag 2010 laut Welternährungsorganisation FAO bei 2,9 Tonnen je Hektar. Der organisch produzierte Reis wird von CEDAC national und international vermarktet. Ein internes Kontrollsystem und eine darauf folgende externe Zertifizierung garantieren den Bio-Standard. Die Landwirte sparen Kosten für Betriebsmittel und bekommen von CEDAC einen Preisaufschlag. „Weniger ist oft mehr“, fasst Dr. Yang Sang Koma zusammen.
Um die Wertschöpfungskette des Bio-Reis vom Feld bis zum Verbraucher in Kambodscha und international aufzubauen, wird CEDAC von der GIZ fachlich unterstützt. Die Landwirte werden in der Produktion, Zertifizierung und Formierung von Produzentengruppen geschult. Die Resultate sind vielschichtig: Der Boden wird nachhaltiger bewirtschaftet, was dem Verlust der Bodenfruchtbarkeit und Erosion vorbeugt. Das Einkommen der Familien wird gesteigert, nicht nur durch Direktverkäufe an CEDAC. Die Produzentengruppen treten selbstbewusster auf dem Markt auf und können auch für weitere landwirtschaftliche Produkte einen höheren Preis in den Verhandlungen mit den Zwischenhändlern erzielen.
Die kambodschanische Regierung plant bis 2015 eine Mio. Tonnen Reis direkt zu exportieren. Das Exportgeschäft von kambodschanischem Reis wurde in der Vergangenheit hauptsächlich durch Vietnam und Thailand getätigt. Dieses lukrative, weil deviseneinträgliche Geschäft soll die kambodschanische Reisbranche nun selbst übernehmen. Dazu wurde auf dem „Cambodia Rice Forum“ im Oktober 2011 mit der Regierung und der Branche über entsprechende Initiativen diskutiert – was auch auf ein hohes öffentliches Interesse stieß. Noch mangelt es an Kapazitäten der Mühlen, die den Reis für den internationalen Markt aufbereiten können. Außerdem sind weitere Investitionen in die Logistikinfrastruktur (Häfen in Sihanoukville und Phnom Penh sowie Straßennetze) erforderlich, um den Reisexport zu steigern. Ziel ist es, den gesamten Exportprozess schneller und kostengünstiger für die involvierten Unternehmen zu machen, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Aber auch die Entwicklung einer Identität, einer einprägsamen Marke spielt eine kaum zu unterschätzende Rolle bei dem Versuch, die Weltmärkte zu erobern.
Der mögliche Erfolg des organisch angebauten Reis könnte in den nächsten Jahren durchaus wegweisend für die Ausrichtung weiter Teile der kambodschanischen Landwirtschaft werden. Noch besetzt die ökologische Landwirtschaft in Südostasien zwar nur eine Nische, aber ihr wirtschaftlicher Erfolg könnte angesichts der steigenden Beliebtheit von Bio-Produkten der ganzen Branche zum Durchbruch verhelfen.
Für Kambodschas hochgesteckte Exportziele kann der Bio-Reis in den nächsten Jahren sicherlich noch einen wesentlichen Beitrag leisten. Letztendlich bedeuten diese Anstrengungen eine weitere Möglichkeit, vielen Bauern einen Weg aus der Armut aufzuzeigen. Denn höhere landwirtschaftliche Erträge bedeuten nicht nur mehr Nahrung, sondern auch Zugang zu Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, der ohne entsprechende finanzielle Mittel leider noch zu häufig versperrt ist.
Claudius Bredehöft ist für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in Takeo, Kambodscha. Der Agrarökonom berät dabei CEDAC, Kambodschas größte Nichtregierungsorganisation in der ländlichen Entwicklung.