Dass Kambodschas Bildungssystem wie praktisch alle öffentlichen Sphären hochgradig korrupt ist, gilt als Binse. Vetternwirtschaft, Filz und Bestechlichkeit gelten als organisiert und systematisch, und immer wieder werfen mutige Berichte Licht auf bestimmte Einzelfälle. Besonderes Aufsehen hat in den letzten Jahren vor allem ein Bericht von Voice of America erregt, in dem die Korruption in der Juristenausbildung beschrieben wurde. Ein ähnliches Kaliber legte vor zwei Wochen die Phnom Penh Post mit einem Artikel vor, der die „innovativen“ Praktiken der Lehrer aufdeckt, mit denen die sich ihr mickriges Gehalt etwas aufbessern.
Und das geht so: Lehrer bieten zusätzlich zum regulären Unterricht Extrastunden an. Was wie ein freiwilliges Zusatzangebot klingt, ist für die Schüler aber alles andere als fakultativ: Nur in diesen Stunden werden sie richtig auf die Prüfungen vorbereitet. Wer nicht teilnimmt, hat in der Regel keine Chancen, Klassen- oder Abschlussarbeiten zu bestehen. Lehrer an weiterführenden Schulen, die vom Staat mit rund 80 bis 90 US-Dollar entlohnt werden, nehmen denselben Betrag pro Woche ein, wenn sie – wie die meisten – zwei Fächer mit je einer Stunde täglich anbieten. Aus der Sicht der Schüler bedeutet das rund 1.000 Riel pro Stunde – oder je Fach fünf bis sechs US-Dollar monatlich. Wohlgemerkt in einem Land mit großer Armut, in dem es sich die meisten Familien noch nicht einmal leisten können, ihren Nachwuchs von der Feldarbeit für den Schulbesuch freizustellen. Für diese Schüler, die also in aller Regel rein aus finanziellen Gründen nicht an solchen „Nachhilfestunden“ teilnehmen können, gibt es oft kaum Chancen, sich trotzdem durchzusetzen. Oft werden sie von den Lehrern massiv unter Druck gesetzt, gemobbt oder in mündlichen Prüfungen so abgefragt, dass sie gar nicht bestehen können.
Kambodschaner aller gesellschaftlichen Schichten wissen, dass Bildung die zentrale Voraussetzung für einen guten Job und ein sicheres Einkommen ist. Doch mit solch dysfunktionalen Eigenschaften ist es auch in den Schulen nicht anders als in anderen Alltagssituationen in Kambodscha: Die Armen laufen ein Rattenrennen gegen die Reichen und Mächtigen, das sie gar nicht gewinnen können. Und nicht zuletzt bleiben die Cleveren und Tüchtigen auf der Strecke, denn auf der Bildungsleiter kommt für jeden einzelnen Schüler oder Studenten zwangsläufig einmal der Zeitpunkt, wo er oder sie den finanziellen Forderungen nicht mehr entsprechen kann. Für das Entwicklungspotential eines friedlichen Landes kann es eigentlich überhaupt keine desaströseren Aussichten geben.
Immerhin eine Lektion wird den Khmer damit schon im Kindesalter erfolgreich beigebracht: Dass die Korruption fester Bestandteil der kambodschanischen Gesellschaft ist.
In der Tat ist Korruption eine schwerwiegende Last in einem Land. Jedoch ist es wohl ein schweres Unterfangen diese aufzubrechen, wenn sie einerseits kulturell verankert ist und andererseits den wesentlichen Bestandteil des Unterhalts ausmacht.
Wissen Sie etwas über staatliche Programme, diese Missstände zu beenden?
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