Hinweise auf chinesische Marinebasis in Kambodscha verdichten sich

Lange ist’s her: Die Amerikaner auf der Ream Naval Base gemeinsam mit der kambodschanischen Marine im Oktober 2014. Foto: U.S. Navy Mass Communication Specialist 1st Class Jay C. Pugh (CC BY-SA 2.0)

Kambodscha und China stehen kurz davor, ihre Beziehung auf eine neue Ebene zu stellen. Leittragende sind die anderen Anrainer des Golfs von Thailand, allen voran Vietnam.

Die Gerüchte gab es schon länger, waren aber bisher wenig konkret: Wird die Volksrepublik China eine Marinebasis in Kambodscha eröffnen? In einem Aufsehen erregenden Artikel hat das Wall Street Journal nun weitere Indizien geliefert. Demnach sei im Frühjahr ein Vertrag über 30 Jahre geschlossen worden, in dem Kambodscha der chinesischen Marine ein Nutzungsrecht über 25 Hektar des bereits existierenden Marinestützpunkts Ream in der Nähe von Sihanoukville einräumt. Konkrete Pläne zum Ausbau der Basis sollen bereits entwickelt worden sein.

Neuer Rüstungswettlauf in Südostasien nicht ausgeschlossen

Sollte sich der Bericht bewahrheiten, wäre der Vorgang ein geostrategischer Paukenschlag, der für viel Unruhe in Südostasien sorgen dürfte. Der chinesische Einfluss würde mit einer verstärkten Marinepräsenz deutlich steigen, wovon sämtliche Anrainer am Golf von Thailand direkt betroffen sein würden. Man kann sogar davon ausgehen, dass die unmittelbaren Sicherheitsinteressen von Thailand und Malaysia berührt sind, mittelbar auch die von Indonesien, Myanmar, Singapur, Brunei und den Philippinen.

Das ist aber noch kein Vergleich zu Vietnam, das im Norden an China grenzt, auf eine jahrhundertelange Konflikttradition mit dem nördlichen Nachbarn zurückblickt und eine erhöhte Militärpräsenz Chinas unweit der eigenen Grenze zu Kambodscha durchaus als Bedrohung empfinden kann. Vielleicht droht sogar ein neuer Rüstungswettlauf, der Südostasien ein stückweit zu destabilisieren droht. Und natürlich sind auch überregionale Akteure betroffen, allen voran die USA, die vor vier Jahren 800 Militärstützpunkte in allen Weltteilen (laut Wikipedia sind es 35 Länder) unterhielten und sich seit Jahren in einem aufkommenden geostrategischen Konflikt mit der neuen Supermacht China wähnen. Dass die amerikanisch-kambodschanischen Beziehungen seit zweieinhalb Jahren erodieren, ist in diesem Zusammenhang mehr als eine Randnotiz.

Was bezwecken die Chinesen?

Für die kommunistisch-staatskapitalistische Regierung in Peking wiederum wäre es der erste extraterritoriale Militärstützpunkt in Südostasien und der zweite nach Djibouti am Horn von Afrika überhaupt. Sollte er sich die Vermutung tatsächlich bewahrheiten wäre sie ein logischer Schritt einer Entwicklung, in der China immer mehr an überregionaler Relevanz gewinnt. Bisher wurde dabei stets der friedliche Charakter einer vornehmlich politisch-wirtschaftlichen Expansion unterstrichen, was durch eine Militärbasis in Kambodscha allerdings konterkariert würde.

Dennoch sollte man nicht so naiv sein und glauben, die Chinesen wüssten nicht, welch außenpolitisches Porzellan sie mit einem solchen Schritt zerschlagen. Ob es nun reicht, das Scheckbuch zu zücken und Wohlwollen einzukaufen, mutet utopisch an. Außerdem darf man sich durchaus die Frage stellen, was die Chinesen mit einer Marinebasis in Kambodscha wirklich bezwecken. Jedenfalls wird sie nicht gebraucht, um ertrinkende Flüchtlinge aus Afrika zu retten.

Kambodscha verletzt die Sicherheitsinteressen seiner Nachbarn

Und Kambodscha? Dass das Regime mit Nachdruck einen solchen Vertrag dementiert, zeigt dessen Tragweite. Zwar erscheint er nur noch als ein weiterer konsequenter Schritt in der Entwicklung eines immer engeren, kolonialartigen Abhängigkeitsverhältnisses zu China, das vor Jahren mit enormer – sogenannter bedingungsloser – Entwicklungshilfe seinen Anfang nahm und heute von der Dominanz in vielen Wirtschaftssektoren gekennzeichnet ist. Andererseits war es bisher mehr oder weniger Kambodschas innere Angelegenheit, den Chinesen immer mehr Einfluss einzuräumen.

Eine wesentliche Ausnahme ist allenfalls das chinesische Hineinregieren in die südostasiatische Staatengemeinschaft ASEAN seit 2012, gewährleistet durch das Einstimmigkeitsprinzip, was China durch Kambodscha ein faktisches Vetorecht in der ASEAN ermöglichte. Nun aber droht China mit Kambodschas Hilfe gleich die Sicherheitsinteressen mehrerer Staaten Südostasiens zu verletzen – ein bisher beispielloser Affront. Denn neben der Ream Naval Base könnte durch den Dara Sakor Flughafen, der seit etwa 2017 in der kambodschanischen Provinz Koh Kong durch einen chinesischen Bauherren errichtet wird, in nicht allzu ferner Zukunft auch noch ein Luftwaffenstützpunkt hinzukommen. Nicht nur für Vietnam wäre spätestens das dann ein sicherheitspolitischer Albtraum.

Kein innenpolitischer Gegenwind für Hun Sen zu erwarten

Innenpolitisch dürfte es höchstens ein Schulterzucken geben, schließlich scheint es doch so, dass Regierungschef Hun Sen derzeit schalten und walten kann, wie er will. Dass eine ausländische Militärbasis die Verfassung (Artikel 53) verletzt, wird wohl eher dazu führen, die Verfassung zu ändern. Gerade da ist es besonders praktisch, dass seine regierende Kambodschanische Volkspartei alle Parlamentsabgeordneten und fast alle Senatoren stellt. Einzig bei nationalistisch-patriotisch gesinnten Landsleuten könnte er an Reputation einbüßen – machtpolitisch aber hat er in dieser Angelegenheit kaum etwas zu befürchten.

Noch spielt Hun Sen daher auf Zeit lässt die Berichte über den chinesischen Marinestützpunkt mit Nachdruck dementieren. Daher ist es schade, dass sich das Wall Street Journal auf nicht näher genannte Beamte der US-Regierung bezieht, die den Angaben nach Einblick in einen Vertragsentwurf hatten. Das deutet doch sehr auf bewusst lancierte Geheimdienstinformationen hin, die aber eben nicht so weit gehen, um als Beweise zu taugen. Bald sollten die aber auf dem Tisch liegen – schließlich können sich die Chinesen, wenn sie denn kommen, in Ream nicht verstecken. Spätestens bei den beginnenden Ausbauarbeiten oder wenn die ersten Zerstörer und Fregatten anlegen wird jedenfalls niemand mehr das Offensichtliche bestreiten können.

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