26. März 2011

Aktueller denn je: So sah der Karrikaturist Sacrava bereits im Juli 2007 Kem Sokhas Absichten (© http://sacrava.blogspot.com/).
„Sie können nicht zusammenkommen… die Sam Rainsy Party [SRP] hat 25 Abgeordnete, und die werden nicht zulassen, dass sie von einer Partei mit drei Parlamentariern übernommen werden.“ Es kommt selten genug vor, dass die Analyse eines Politikers der Kambodschanischen Volkspartei (KVP) den Sachverhalt so exakt widerspiegelt. Und der Abgeordnete Cheam Yeap dürfte sich sicherlich äußerst pudelwohl in seiner Rolle führen, einmal nicht irgendwelche Skandale der eigenen Regierung gegenüber der Presse herunterspielen zu müssen, sondern anstatt dessen wie hier in der Phnom Penh Post genüsslich das öffentlich inszenierte Scheitern eines Vereinigungsprojekts der politischen Rivalen zu kommentieren.
Anlass für diese Äußerungen sind nicht nur die ins Stocken geratenen Fusionsverhandlungen der oppositionellen SRP und der kleineren Human Rights Party (HRP), sondern vielmehr die entlarvenden Methoden, die Kem Sokha, Präsident der HRP, in diesem eigentlich als freundschaftlich angedachten Zusammenschluss anwendet. Stein des Anstoßes ist der Ex-Abgeordnete Mao Monyvann, der Anfang des Monats aus der SRP austrat und nun bei der HRP seine neue politische Heimat gefunden haben will. Nicht, dass solche Parteiwechsel in Kambodscha eine Ausnahme wären; vor allem aus der Opposition heraus ändern nicht gerade wenige Aktivisten ihre Farben, wenn in erster Linie die Regierungspartei mit Staatsämtern und Pfründen winkt. Aber dieser Wechsel wirft doch Fragen auf, denn Mao Monyvann hatte seine ehemalige Partei in einer Pressekonferenz noch einmal heftig kritisiert. Dafür besaß er auch ein Motiv, hatte er doch vor kurzem aufgrund eines Parteibeschlusses sein Abgeordnetenmandat verloren.
Schon zur Verbesserung der eigenen Verhandlungsposition erschien dieses Vorgehen riskant, aber Kem Sokha hat dieser Coup offensichtlich nicht gereicht: Er setzte noch einen drauf und lud allgemein Mitglieder der SRP ein, zu seiner Partei zu wechseln. Und den Grund schob er auch gleich nach: Wenn der exilierte Sam Rainsy nicht nach Kambodscha zurückkommen könne (wonach es derzeit nicht aussieht), würde die HRP die größte Oppositionspartei werden. Er wolle Sam Rainsy nach wie vor als Partner, aber ohne den würde eben der HRP die entscheidende Rolle zufallen, Druck auf die derzeitige (Staats-)Führung für politischen Wandel auszuüben. Son Chhay, SRP-Fraktionschef in der Nationalversammlung Mitglied der Verhandlungsdelegation seiner Partei mit der HRP, kündigte ob dieser Reihe von Düpierungen gleich an, nun das Fusionsangebot noch einmal überprüfen zu wollen.
Kem Sokha dürfte das Scheitern der Verhandlungen allerdings längst einkalkuliert haben. Ungeachtet der tatsächlichen Machtverhältnisse forderte er stets einen Zusammenschluss unter Gleichen, was ihm die SRP in den letzten Tagen wohl überdeutlich abgeschlagen hat. Er hat wahrscheinlich deshalb so hoch gepokert, weil er glaubt, die SRP sei ohne ihren Gründungsvater, Geld- und Namensgeber Sam Rainsy dauerhaft nicht überlebensfähig. Aber da irrt er sich. Kong Korm, Mu Sochua, Son Chhay, Yim Sovann und andere haben längst bewiesen, dass die SRP weit mehr ist als eine One-Man-Show. Sie ist nach jahrelanger Kärrnerarbeit in ganz Kambodscha verwurzelt und mittlerweile in praktisch allen Landesteilen präsent, stellt neben Abgeordneten der Nationalversammlung auch Senatoren sowie tausende Provinz-, Distrikt- und Gemeinderäte. Während es Sam Rainsy gelungen ist, trotz seiner persönlichen Dominanz der Partei einen modernen Anstrich auch nach innen zu verpassen, steht Kem Sokha eher für das alte Bild kambodschanischer Parteiführer, die exklusive Entscheidungsgewalt beanspruchen und bedingungslose Loyalität verlangen. Beeinträchtigungen in ihrer Stellung sind absolut nicht hinnehmbar, und jeder Versuch wird als existenzieller Angriff auf die eigene Person gewertet.
Wohl niemand anders als Prinz Norodom Ranariddh hat diese Eigenschaften in den vergangenen Jahrzehnten so extrem verkörpert. Kem Sokha ist allerdings auf dem besten Weg, das neue Enfant terrible der kambodschanischen Politik zu werden, wenn er sich dieser Tage schon als kommender Oppositionsführer ausruft. Die SRP ist gut beraten, die Fusion auf Eis zu legen, würde sie doch letztendlich auch ihren jetzigen, vergleichsweise offen-partizipativen Charakter verlieren. Für Kambodschas Demokratiehoffnungen mag das kurzfristig zwar erneut einen Rückschritt bedeuten, aber solange Männer mit fragwürdigen Führungsprinzipien, Hang zum Größenwahn und einer völlig unrealistischen Wahrnehmung politischer Realitäten öffentlich Verantwortung als Alternative zur dominierenden KVP übernehmen (wollen), sind deutliche Fortschritte auf diesem Gebiet sowieso nicht zu erwarten.
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