
Höchstrichterlich verfügt: Die in etwa trapezförmige, knapp 20 Quadratkilometer große entmilitarisierte Zone um den Tempel Preah Vihear. (Quelle: Internationaler Gerichtshof Den Haag)
Kambodscha und Thailand schauten heute gleichermaßen gebannt nach Den Haag, wo der Internationale Gerichtshof heute seine Entscheidung zur Klage Kambodschas im Fall Preah Vihear bekannt gab. Anlass waren sowohl die jüngsten Grenzgefechte der beiden Nachbarn als auch eine Entscheidung aus dem Jahr 1962, als der Gerichtshof den hinduistischen Tempel Kambodscha zusprach, über den sonstigen Grenzverlauf in dem Gebiet aber keine Aussagen machte. Die Khmer wollten nun darüber Klarheit erwirken, doch dieses Anliegen wird erst in einem späteren Verfahren geklärt werden können.
Der Gerichtshof hat heute lediglich eine entmilitarisierte Zone verfügt, die sich in etwa trapezförmig über eine Fläche von knapp 20 km2 um den Tempel erstreckt. Diese Entscheidung wurde mit elf zu fünf Richterstimmen getroffen; deutlicher mit fünfzehn zu eins fielen die Entscheidungen aus, dass beide Länder ihre Kooperationsbemühungen innerhalb der Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) fortsetzen sollen und unabhängige Beobachter in das Grenzgebiet zu dulden haben. Ebenso deutlich fiel das Verdikt aus, dass sowohl Thailand als auch Kambodscha sich rechtlich an diese Verfügung zu halten haben, so lange keine endgültige höchstrichterliche Entscheidung vorliege.
Da Thailand den Internationalen Gerichtshof zuvor aufgerufen hatte, Kambodschas Klage als unbegründet zu verwerfen, sehen unabhängige Beobachter wie der Christian Science Monitor die Khmer heute als Punktsieger. So dürfen sie sich auch selbst fühlen, halten sie den westlichen Nachbarn doch als Aggressor. Fraglich ist sicherlich, wie die Thais mit dem Richterspruch umgehen werden. Der scheidende Außenminister Kasit Piromya folgte heute jedenfalls der Ankündigung der letzten Woche, dass seine Regierung das Urteil anerkennen werde, mit recht mäßigenden Äußerungen und zeigte sich laut MCOT zufrieden mit dem Ausgang, da beide Staaten gleichermaßen ihre Truppen zurückzuziehen hätten. Dagegen gab Umweltminister Suwit Khunkitti kurz vor seinem Gang in die Opposition den unverbesserlichen Betonkopf und lehnte laut New York Times den Urteilsspruch ab, dem Thailand nicht folgen dürfe falls er eine Verletzung der nationalen Souveränität bedeute.
Der Konflikt ist also noch keineswegs beigelegt, und Kambodschas Außenminister Hor Namhong dürfte sich gewaltig irren, wenn er in der veröffentlichten Landkarte der entmilitarisierten Zone die Gewährleistung für einen permanenten Waffenstillstand erkennt. Letztendlich werden es beide Länder selbst sein, die sich für oder gegen weitere Gefechte entscheiden werden, allein ein Gerichtsurteil aus den fernen Niederlanden wird eine nachhaltige Waffenruhe keinesfalls garantieren. Immerhin stachelt das Urteil, bevor es in diesem oder im nächsten Jahr von einer weit umfangreicheren Entscheidung überholt sein wird, zumindest auf thailändischer Seite nun erst einmal keine weiteren Emotionen in der öffentlichen Debatte an, die nicht nur die nationalistischen Gelbhemden, sondern auch das Militär und der abgewählte Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva zuletzt reichlich geschürt hatten. Insofern ist das Urteil auch ein Einstandsgeschenk an die designierte Regierungschefin Yingluck Shinawatra, die mit diesem Urteil zunächst einmal weit unbeschwerter regionale Außenpolitik wird gestalten können als befürchtet.
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