Die politische Gleichheit der Bürger wird in einer Demokratie in aller erster Linie durch den gleichen Zählwert aller abgegebenen Stimmen in freien und allgemeinen Wahlen sichergestellt. Auch wenn der Erfolgswert mitunter divergieren mag, besteht somit zumindest a priori grundsätzliche Chancengleichheit. Wer also Wahlen fälschen will und dabei nicht einfach falsch auszählen oder auf ein Dreiklassenwahlrecht zurückgreifen möchte, kann vor allem viel erreichen, wenn er die Entscheidung manipuliert, wer überhaupt als Wähler zugelassen wird. Und in Kambodscha kündigt sich aktuell ein Skandal an, der die anstehenden Gemeinderatswahlen am 3. Juni praktisch überflüssig machen dürfte.
Wie Radio Free Asia berichtet, habe die renommierte und allgemein als glaubwürdig und zuverlässig agierende Wahlbeobachtungsorganisation COMFREL ermittelt, dass insgesamt 1,5 Millionen Menschen wohl nicht werden wählen können, da sich ihre Namen nicht auf den offiziellen Wählerlisten finden ließen (was anders als in Deutschland, wo das Wahlrecht bekanntlich automatisch an die Meldung des Hauptwohnsitzes gekoppelt ist, zwingend erforderlich ist). Insgesamt seien aktuell neun Millionen Kambodschaner als Wähler registriert, wodurch durch einfache Addition der Eindruck entstehen kann, Kambodscha habe insgesamt 10,5 Millionen Wähler.
Spätestens an diesem Punkt jedoch erreicht die Konfusion allerdings galaktische Ausmaße. Obwohl die Einwohnerzahl nicht ganz klar zu sein scheint – die Angaben pendeln zwischen 14,3 und 15,1 Millionen Menschen –, kann angesichts der jungen kambodschanischen Gesellschaft und der halbwegs intakten Bevölkerungspyramide (typologisch wohl eher die Tannenbaum- oder Tropfenform) kaum von einer solch hohen Zahl an Wahlberechtigten – Wähler müssen auch in Kambodscha mindestens 18 Jahre alt sein – ausgegangen werden. Bei einem geschätzten Durchschnittsalter von etwa 20 bis 23 Jahren ist es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass deutlich mehr als acht Millionen Wahlberechtigte physisch überhaupt existieren. Mit anderen Worten: Bei bis zu 2,5 Millionen Menschen (8-1,5=6,5; 9-6,5=2,5) auf der Wählerliste besteht die Möglichkeit, dass sie so genannte Geisterwähler sind. Selbst die oppositionelle Sam Rainsy Party (SRP) geht nur von rund 0,9 Millionen Geisterwählern aus.
Auch wenn es sich bei den hier angestellten Berechnungen um Schätzungen handelt und die tatsächlichen Friktionen dann doch nicht ganz extrem sein dürften, zeigen sie doch bereits auf dem ersten Blick, dass die Wählerlisten alles andere als akkurat geführt und damit unglaubwürdig sind und so den Sinn der anstehenden Wahlen ad absurdum führen. Denn selbst bei geringen Manipulationen können die Wahlergebnisse in eine Richtung entscheidend verzerrt werden – und angesichts des Regimecharakters ist Mutwilligkeit nicht nur nicht auszuschließen, sondern liegt sogar im Bereich des Denkbaren und Möglichen. In diesem Falle würde es sich um ein gigantisches Täuschungsmanöver mit einem bereits vorher feststehenden Ergebnis handeln, das mit einer gleichen und fairen Wahl nicht im Entferntesten noch etwas gemeinsam hätte.
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