Weltbank stellt Regierung Ultimatum

Die Konfrontation zwischen Weltbank und kambodschanischer Regierung hat eine neue Ebene erreicht: Am Dienstag verkündete die Bank, Kambodscha so lange kein weiteres Geld mehr zur Verfügung stellen zu wollen, bis die Regierung mit den letzten noch rund 1000 verbliebenen Familien des Gebiets um den See Boeung Kak Entschädigungsleistungen vereinbart habe. Wie Voice of America Landesdirektorin Annette Dixon zitiert, setze sich die Weltbank weiterhin für eine Lösung ein, die den Anwohnern des nahezu vollständig trockengelegten Sees in Phnom Penh einen Verbleib in dem neuen Stadtteil ermöglichen solle.

Bereits seit Dezember 2010 hat die Weltbank keine neuen Kredite mehr an die kambodschanische Regierung vergeben. Schon vor zwei Jahren hatte Phnom Penh ein von der Weltbank finanziertes Programm beendet, mit dem landesweit Landtitel für die kambodschanische Bevölkerung ausgestellt werden sollten. Im Frühjahr dieses Jahres hatte eine interne Untersuchung der Weltbank das kolossale Scheitern des Vorhabens dann sogar öffentlich bestätigt. Danach hatte die Bank weitere Appelle an die Hun Sen-Regierung gerichtet und sogar angekündigt, notfalls ihr Engagement in Kambodscha zu überprüfen. Dazu könnte es bald konkreten Anlass geben, denn bisher zeigt sich in Phnom Penh noch niemand sonderlich beeindruckt – so auch Regierungssprecher Phay Siphan, der die Forderungen der Weltbank als unzulässige Überschreitung ihres Mandates abkanzelte. Darüber hinaus meinte er, die Weltbank stelle keine Unterstützung mehr dar in Kambodschas Entwicklung, und außerdem lege die einzige Verpflichtung der Regierung darin, die ihr gewährten Kredite zu bedienen.

Wie Voice of America weiter berichtet, gingen die Verhandlungen zwischen Anwohnern und staatlichen Vertretern weiter schleppend voran. Selbst wenn es aber hier noch Fortschritte geben sollte, darf man nicht vergessen, das die große Mehrheit der Betroffenen schon vertrieben worden sind – meist als Reaktion auf staatliche Gewaltanwendung oder ihrer Androhung und dann auch nur mit minimaler Kompensation. Unter denjenigen, die aber noch an Ort und Stelle ausharren, herrsche nach Angaben einer Nichtregierungsorganisation ein hohes Maß an Solidarität, so dass eine baldige Lösung des Konflikts jedenfalls so lange nicht wahrscheinlich erscheint, bis die Regierung entweder einlenkt oder schlimmstenfalls ein Blutbad anrichtet. Denn dass sich die Bewohner weiter mit friedlichen Mitteln wehren wollen, haben sie in der Vergangenheit immer wieder deutlich gemacht.

Die politische Unterstützung der Weltbank ist daher durchaus begrüßenswert. In ihrer Unzweideutigkeit stellt sie einen von vielen internationalen Nichtregierungsorganisationen lange geforderten Quantensprung dar. Unter deren heftiger Kritik hatte sich die westliche Gebergemeinschaft lange Jahre auf moralische Lippenbekenntnisse beschränkt und dadurch nicht unwesentlich zur allgemeinen Verschärfung der Menschenrechtssituation in Kambodscha beigetragen. Ein Alleingang der Weltbank dürfte allerdings nicht reichen, der kambodschanischen Regierung Zugeständnisse in ihrer beklagenswerten Menschenrechtspolitik abzutrotzen; ihre Anteilseigner – vor allem also die in Kambodscha engagierten Nationalstaaten – und andere relevante multilaterale Organisationen wie die Europäische Union und UNDP könnten jetzt dem Vorbild folgen, wenn sie an substanziellen Verbesserungen im Sinne der kambodschanischen Bevölkerung interessiert sind. Vielleicht nicht direkt von heute auf morgen, aber mittelfristig.

Auf die kambodschanische Regierung sollte auch kein Zwang ausgeübt werden. Sie sollte lediglich die Wahl zwischen zwei Optionen haben.

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3 Antworten zu Weltbank stellt Regierung Ultimatum

  1. Pingback: Boeung Kak: Regierung lenkt ein | Kambodscha-Blog

  2. Ruedi Steiger, Präsident schreibt:

    Ich bin seit einigen Jahren jährlich in Kambodscha und leite u.a. Erste-Hilfe-Kurse in Dschungel-Dörfern, Minoritäten-Dörfern in Ratanakiri sowie in AORAL, Provinz Kampong Speu.
    Nun wurde ich von einer Gruppe von „Social volunteers“ in Phnom Penh angefragt, ob ich IM jANUAR einen Erste-Hilfe-Kurs für Eltern leiten würde in BOEUNG KAK…

    Wie schätzen Sie die aktuelle Gefahren-Situation ein ?

    • Markus Karbaum schreibt:

      Ausländer sind in Kambodscha in ihrer Gesundheit hauptsächlich vom Straßenverkehr, von üblicher Kriminalität oder Krankheiten bedroht. Dass ein Europäer ohne doppelte Staatsbürgerschaft aufgrund seines sozialen Engagements einmal aus politischen Gründen in unmittelbare Gefahr geraten wäre, ist mir jedenfalls nicht bekannt. -kar-

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