
Premierminister Hun Sen am Sonntag bei der Stimmenabgabe in Takhmao.
Die am 4. Juni stattgefundenen Gemeinderatswahlen sind nach einhelliger Schilderung friedlich und weitgehend frei von unerlaubten Eingriffen staatlicher Organe geblieben. Knapp 86% der 7,86 Millionen registrierten Wählerinnen und Wähler gaben am Sonntag ihre Stimme ab, was einen absoluten Zuwachs von 1,7 Millionen Wählern im Vergleich zu den Kommunalwahlen 2012 bedeutet. Ersten unbestätigten Angaben zu Folge gewann die regierende Kambodschanische Volkspartei (KVP) in 70,7% der Gemeinden die Mehrheit (2012: 97,5%), während die oppositionelle Partei zur Rettung der Kambodschanischen Nation (CNRP) in 29,3% aller Stimmbezirke vorne lag. In einer der 1.646 Gemeinden siegte wiederum die Khmer National Unity Party. Nach Angaben der CNRP erhielt die größte Oppositionspartei 46% aller abgegebenen Stimmen, während auf die KVP 51% entfielen. Die Nationale Wahlkommission will die offiziellen Ergebnisse am 25. Juni bekannt geben.
Die KVP kann erst einmal aufatmen. Die Verluste sind zwar deutlich, hätten aber noch gravierender ausfallen können. Mit dem Ergebnis lässt sich durchaus leben, auch wenn es das mit Abstand schlechteste bei Gemeinderatswahlen überhaupt ist. Partei- und Regierungschef Hun Sen hatte viel in die Waagschale geworfen, unentwegt mit Bürgerkrieg und Gewalt gedroht und erstmals seit 20 Jahren wieder selbst aktiv in einen Wahlkampf eingegriffen. Nicht wenige Wähler dürften ihr Kreuz aus Angst und Kalkül bei der KVP gemacht haben, aber anders als im Fußball – wo es schon am nächsten Tag egal ist, wie ein Spiel gewonnen wurde – sollte der anhaltende Abwärtstrend der fast vier Jahrzehnte regierende Quasi-Staatspartei einmal mehr zu denken geben. Denn wenn es der KVP nicht ganz schnell gelingt, politische Antworten auf die gegenwärtigen Probleme vieler Kambodschaner zu finden anstatt sich auf den Lorbeeren der letzten Jahrzehnte auszuruhen, wird die Parlamentswahl in gut dreizehn Monaten kaum zu gewinnen sein. Nur zur Erinnerung: Bei Gemeinderatswahlen schneidet die KVP traditionell deutlich besser ab als bei Parlamentswahlen, weshalb der Vorsprung von vielleicht fünf Prozentpunkten bei den Gesamtstimmen wohl zu knapp ist, um 2018 als deutlicher Favorit ins Rennen zu gehen.
Die CNRP wiederum hat zwar deutlich unter dem selbst gesteckten Ziel abgeschnitten, insgesamt 60% aller Stimmen zu gewinnen, aber es endlich geschafft, das De-facto-Monopol der KVP auf Gemeindeebene zu brechen. Und das gelang ihr unter wirklich widrigen Bedingungen eines bedrohlichen Gesamtkontexts, man erinnere nur an den erzwungenen Rück- und Austritt von Parteipräsident Sam Rainsy im Februar, der mehrmonatige Quasi-Hausarrest für seinen Stellvertreter Kem Sokha 2016 und die achtzehn oppositionellen Gefängnisinsassen. Es erscheint tatsächlich bemerkenswert, wie die CNRP es geschafft hat, einen selbstbewussten Wahlkampf in einem durch Hun Sen erzeugten Klima der Angst auf die Beine zu stellen und mehr Anhänger bei Gemeinderatswahlen zu mobilisieren als das jemals ein Herausforderer der KVP geschafft hat.
Letztendlich kommt es der CNRP sogar zu Gute, dass sie nicht ganz so gut abgeschnitten haben wie sie selbst erhofft hatte. Kambodschas Demokratie steht nämlich weiter auf sehr wackligen Beinen, vor allem dann, wenn plötzlich die Opposition Wahlen gewinnen könnte. Das heißt, dass selbst die gute Ausgangslage für die Parlamentswahlen am 29. Juli 2018, in der sich die CNRP jetzt gebracht hat, weiterhin keine Aussage über die Möglichkeiten eines Machtwechsels in Kambodscha erlaubt.
Pingback: Kambodscha steht vor tiefgreifendem Wandel | cambodia-news.net